"Wie knüpft man an, an ein früheres Leben? Wie macht man weiter, wenn man tief im Herzen zu verstehen beginnt, dass man nicht mehr zurück kann? Manche Dinge kann auch die Zeit nicht heilen, manchen Schmerz, der zu tief sitzt und einen fest umklammert."
Einigen wird dieses Zitat bekannt vorkommen, es ist aus Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs.
Ich muss am Ende des Films immer heulen wie ein Schlosshund. Ich kann Frodo verstehen bzw. einfach die Gedanken, die dahinter stehen.
Irgendwie trifft dieses Zitat auch auf mich zu. Es hat mir etwas Trost gespendet und vielleicht auch den Anstoß gegeben, endlich mit der Vergangenheit abzuschließen.
Ich muss zugeben, dass ich meinem alten Leben nachtrauere. Ich wünsche mir diese Zeiten zurück, als ich noch eine Ausbildung und Freunde hatte. Ich hatte ein geregeltes, teilweise langweiliges und nerviges, Leben. Ich ging zur Berufsschule, traf Freunde und hatte Spaß. Ich war gut in dieser und im Beruf. Ich traf meine beste Freundin oder andere Freundinnen, verbrachte Zeit mit ihnen, fuhr in die Stadt zum Bummeln oder zum Kaffee trinken usw. Ich hatte alle Möglichkeiten etwas zu unternehmen, wann ich wollte.
Nun, nach gut 1 1/2 Jahren ziehe ich mein Fazit. Das Leben hier auf dem Land in NRW ist anders, sehr anders. Ich zog von der Stadt auf's Land, ohne genau zu wissen, was mich erwartet. Mit dem Umzug verlor ich einen Großteil meiner Freunde und auch einen Teil meiner Freude, die an das Leben in Hessen geknüpft war. Mittlerweile kann ich sagen, dass die Menschen, die ich als Freunde betitelt habe, keine waren. Dennoch wünsche ich mir manchmal nur einen Tag mit ihnen zurück. Hier habe ich keine Freunde. Es gab Menschen, von denen ich dachte, dass sie Freunde wären und sie waren es nicht. Genauso wenig habe ich hier die freie Auswahl an Freizeitgestaltung. Hier wird man durch den öffentlichen Nahverkehr ausgebremst - ohne Auto? Pech gehabt. Adé Freizeitgestaltung. Es ist hart. Immer wieder denke ich an die Zeiten im Büro zurück oder bei Luigi im Eiscafé, nächtliche Spaziergänge mit Freunden oder Parties, die es zwar selten gab, aber es gab sie.
Es schmerzt. Es schmerzt immer wieder auf das zurückzuschauen, was ich zurückließ. Deshalb gab mir dieses Zitat Kraft.
Wie kann man an ein früheres Leben anknüpfen? Gar nicht. Meine Umgebung ist so anders und ich habe realisiert, dass ich ein neues Leben gewählt habe. Ich habe keine Ausbildung mehr, keine Schule und Freunde. Ich bekomme dieses Leben auch nicht zurück oder kopiert. Irgendwo will ich das auch gar nicht.
Ich habe die Chance etwas Neues zu kreieren. Ich bin nicht dafür bestimmt, ein stinknormales Leben zu führen, wie man es eingetrichtert bekam und auch selbst für sich angenommen hat. Aufwachsen - Schule - Ausbildung/Studium - Arbeiten - Heiraten - Kinder kriegen - Familienleben - Irgendwann alt sterben.
So sieht das Leben aus. Nicht für mich oder besser gesagt, nicht in dieser Reihenfolge. Ich habe nichts erreicht in meinem Leben. Wer mir anderes erzählt, belügt sich nur selbst. Ein Fachabi geschenkt zu bekommen weil eine miese missgünstige Schlampe der Meinung war, einen aus der Oberstufe zu ekeln, ist kein Erfolg! Gut, ich war in der Berufsschule eine Einser-Schülerin aber das waren andere auch. Mir flog das zu und ich musste nichts dafür tun. Auch das ist kein Erfolg. Ich hatte nur schon mehr Lebenserfahrung und eine andere Arbeitseinstellung. Ich habe mal 20kg abgenommen - toll - fast das doppelte ist wieder drauf. Im ersten Moment ein Erfolg, bei näherem Betrachten ist es keiner mehr. Aber ich schweife ab.
Der Schmerz, den nicht die Zeit heilen kann bezieht sich auf die Menschen, die ich als Freunde sah. Ich benenne sie, falls sie irgendwann auf diesen Blog stoßen sollten. Diese Menschen stachen mit dem Messer auf mein Herz ein, das ich ihnen in Freundschaft angeboten hatte und warfen es wie ein benutztes Taschentuch weg: Clipsy & Michi, Andy U., Svenja K., Justine P., Patrick 'Tori' W., Jiba, Elena 'Elli' H., Anja R.
Falls ich Jemanden vergessen habe, sei dir gewiss - du hast mir nie so viel bedeutet, dass ich verletzt sein könnte über den Verlust der Freundschaft.
Ich bin verletzt über den Verlust. Jeder von euch hat mich, auf seine eigene Weise, zu tiefst verletzt. Ich bin mittlerweile nur noch tief enttäuscht. Irgendwo vermisse ich die Zeit, die durch viel Spaß geprägt war, aber ich möchte mich nie wieder so verarschen lassen. Mittlerweile genieße ich Freundschaften, die nicht zu eng sind. Man kennt sich, quatscht mal und dann wieder wochenlang nicht. Das empfinde ich als wunderbar. Niemand erwartet etwas, niemand wird verletzt.
Hiermit lasse ich meinen Vergangenheit los. Ich lasse die Zeit los, in der ich, im Nachhinein doch recht glücklich war und lege sie zu den Akten. Ich mache Platz für das Gefühl der Freude, auf eine andere und schönere, vielleicht auch härtere Zukunft. Ich liebe meinen Mann, ich habe nie bereut meinem Herzen gefolgt zu sein um mit ihm zu leben. Ich habe es bereut, dass wir in NRW leben aber mittlerweile arrangiere ich mich damit. Ich werde nicht wieder in Hessen leben. Ich werde mich nicht mehr dem Gefühl hingeben, weglaufen zu wollen, weil alles hier so viel schwieriger ist. Ich habe hier meinen Mann, den wichtigsten Menschen in meinem Leben, ohne den ich nicht leben könnte. Er ersetzt mir meine Freunde und Familie so gut er kann. Aus meinem alten Leben ist mir Tabea geblieben, die trotz der großen Entfernung, nachwievor meine beste Freundin ist, mit der ich über Whatsapp so gut wie jedes Thema und Problem besprechen kann.
Ich verabschiede mich also von meiner Büroausbildung, der Berufsschule, dem Stadtleben, dem Leben in Hessen und von allen, die damals das Recht besaßen, sich meine Freunde nennen zu dürfen. Ich ließ alles hinter mir um meinem Schicksal zu folgen.
Ich begrüße aber auch damit meine Wahlheimat NRW, die auch sehr schöne Seiten hat, den Wunsch mein Abitur nachzuholen und evtl. Psychologie zu studieren, den Wunsch meines Mannes und mir ein Baby zu bekommen (woran wir auch aktuell arbeiten! BOOM BABY!), zu heiraten, irgendwann doch mal abzunehmen und nach Lippstadt umzuziehen weil mir diese Stadt wirklich gut gefällt.
Ich kann nur Jedem raten, der an etwas zu knabbern hat, das in der Vergangenheit liegt. Lasst es los. Verabschiedet euch von uralten Wünschen, Plätzen oder Leben, die eigentlich nur noch Ballast für die Seele sind. Macht Platz für Neues und seht nach vorne. Macht euch keine Vorwürfe mehr, etwas So oder So entschieden zu haben. Ihr könnt es eh nicht mehr ändern. Auch, wenn ihr euch wieder auf einem steinigen Pfad vorfindet, auf dem ihr doch eigentlich schon mal wart, dann geht ihn erneut. Nutzt die Steine für das Fundament eures neuen Lebens. Betrauert nicht mehr das, was ihr zurückgelassen habt, denn es führt nur zu Regen in euren Herzen. Es ist nie zu spät, egal wie alt man ist. Fürchtet euch auch nicht davor, manchmal noch zu trauern. Das ist ganz normal. Man trauert um alles und jeden, den man begraben hat. Allerdings währt die Trauer nicht ewig. Irgendwann muss man nicht mehr weinen sondern denkt an die Zeit mit einem Lächeln zurück und verbucht sie als wertvolle Erinnerung und Erfahrung. So sollte es sein und so wird es ab jetzt für mich sein. Hah, ist doch ein wunderbarer Vorsatz für's nächste Jahr. Ist zwar noch etwas früh aber hey! Silvester kommt schneller als man denkt.
Die Menschen, die namentlich erwähnt wurden, wünsche ich, dass sie darüber nachdenken, wer sie gerne sein möchten und ob solche Taten einen zum besseren oder schlechteren Menschen machen. Dazu kann ich nur sagen: What comes around goes around. Ich bin offen für Aussprachen oder Entschuldigungen, allerdings wird es kein Zurück mehr geben. Jeder für sich, hatte seine Chance oder sogar mehrere. Wer allerdings seinen Frieden mit der Geschichte machen will, kann sich gerne melden.
Ich hoffe ich konnte wenigstens ein paar Menschen, die diese Zeilen lesen, etwas Hoffnung und Mut machen. Rockt euer Leben.
Stay Rock
Songs of the Day/Songs from my heart:
Fall Out Boy - Just one yesterday feat. Foxes / Save Rock and Roll feat. Elton John