Donnerstag, 30. Mai 2013

Jobcenter und die Ausgrenzung von Generationen

Hey Folks,

heute gibt es mal keine Film-Rezensionen. Mir ist heute das Thema Jobcenter und die damit verbundenen Probleme wichtig. Ich habe schon länger darüber nachgedacht, meine eigenen Erfahrungen niederzuschreiben. Als ich eben in Punkt 12 eingeschaltete, hat mich ein Thema dazu ermutigt. 
Eine Jobvermittlerin aus einem Hamburger Jobcenter wurde beurlaubt, weil sie die Machenschaften rund um Hartz4 nicht mehr hinnehmen möchte. Sie schrieb einen Blog, wandte sich sogar direkt an die Arbeitsagentur und als Dank wurde sie beurlaubt. Wer sich auflehnt, wird ausradiert.
Jedoch ein Thema, dass sie aufgriff, bestätigt meine eigene Gedanken. Sie erklärte, dass alle Vermittler eine gewisse Quote einzuhalten haben, die sich auf die jungen Hartz4 Bezieher auswirkt. So sollen Vermittler junge Leute in 30 Tagen in Ausbildung oder Arbeit zwingen. Es ist unmöglich einen jungen Menschen in 30 Tagen in eine Ausbildung zu bekommen, so bliebe nur die Möglichkeit sie durch Zeitarbeitsfirmen an Arbeit zu bringen oder sie in "nutzlose" Maßnahmen abzuschieben. 
Genau diese Aussage bestätige ich mit Nachdruck! Ich muss natürlich etwas weiter ausholen. Bevor ich zu meinem Partner nach NRW zog, habe ich in Hessen gelebt, nahe der Großstadt Frankfurt am Main. Ich hatte es nach zwei Jahren endlich geschafft eine Ausbildung an Land zu ziehen - Bürokauffrau. Dieser Job war nicht mein Traum aber immerhin hatte ich eine Ausbildung. Spaß gemacht hat sie mir nie wirklich. Doch meine Träume konnte ich nicht leben.
Ich war mit meinen damaligen 24 Jahren doch recht naiv. Klar, hier lebe ich in einer ländlicheren Umgebung aber so schlimm konnte es ja nicht sein, hier einen Job bzw. eine Ausbildung zu bekommen. Ja, wie sie dachte.
Die Infrastruktur hier ist mehr als schlecht und die Arbeitssituation ebenfalls. Ich bereue nicht, dass ich mit meinem Partner zusammengezogen bin, ich bereue nur, dass wir uns nicht vorher zusammengesetzt haben um die Pros und Contras zu erörtern. Wir hätten in Hessen mehr Chance auf Arbeit gehabt als hier. Seitdem ich hier lebe, sind wir beide arbeitslos. Tzja, hinterher ist man immer schlauer. Ich bemühte mich um Ausbildungen aber ich wurde schnell in meine Schranken gewiesen. Die Problematik ist einfach, dass man ohne Führerschein+Auto oder einem Wohnortwechsel nicht auf die Füße kommt. Mein Partner möchte gerne wieder im Lagerbereich arbeiten und ich möchte mittlerweile einfach nur irgendeine Ausbildung abschließen. So habe ich mich sogar mit dem Einzelhandel angefreundet, würde auch eine Ausbildung zur Verkäuferin dankend annehmen. Es gibt auch Stellen, nur da greift wieder das Problem 'Wie komme ich zu den jeweiligen Arbeitszeiten hin?' Diese Gedanken kreisen täglich um einen und dieser Kreislauf ist nie zu Ende. Es belastet ungemein. Man möchte doch so gerne arbeiten, weg vom Jobcenter auf eigenen Füßen stehen aber Unterstützung bekommt man von keinem. Wenn man sich auf andere verlässt, so ist man verlassen.
Beim Jobcenter, haben sowohl mein Partner als auch ich, unsere Problematik dargestellt. Alles schön und gut aber es interessiert kaum Jemanden. Wir haben dieselbe Vermittlerin und doch kümmert sich keiner um uns. Ich bin seit Oktober 2012 in einer arbeitsfördernden Maßnahme, auch 1-Euro-Job genannt. Gut, ich verdiene Zusatzgeld aber Spaß ist anders. Man wird versklavt, muss sich manchmal wirklich mit Leuten umgeben, die das Letzte sind. Leider ist Warstein anscheinend das Mekka der Kaputten. Die Leute haben keine Werte und sind alle nur noch hohl und kaputt im Kopf. Das sind harte Worte aber sie entsprechen den Tatsachen.
Seitdem wir beide beim Jobcenter sind, bekamen wir zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Jobvorschläge. Warum auch? Die armen Vermittler sind ja so überlastet. Mag sein, aber gerade bei jungen Leuten können sie noch so viel erreichen - wenn man sie denn unterstützen würde. Als ich ankam, war ich auch noch ein U25er. Schon beim zweiten Gespräch bekam ich zwei Maßnahmen zur Auswahl: Bewerbungstraining oder 1€-Job. Super. Was ist das für eine Hilfe? Hauptsache sie sind ihre Kunden los und brauchen sich keine Gedanken machen. Klasse, da möchte ich auch Jobvermittler sein. Die müssen ja unglaublich viel Langeweile haben. Umgekehrt bekommen manche Leute mehr Unterstützung als andere. So bekommt ein fast 40-jähriger Mann einen Führerschein bezahlt (ohne Aussicht auf einen Job, was sonst Voraussetzung dafür ist) und nun auch noch eine Umschulung zum Kfz-Mechatroniker ohne eine Ausbildung abgeschlossen zu haben. Wie geht das? Während andere immer depressiver zu Hause sitzen, mit ihrem Leben abschließen und sich mit Hartz4 anfreunden, bekommen andere alles in den Rachen geworfen obwohl sie, so scheint es zumindest, noch nicht mal wirklich daran interessiert sind. Wie kann das sein?
Mein Partner und ich hatten uns nun überlegt nach Lippstadt zu ziehen, uns dahingehend zu bewerben, da man ja dann unterstützt wird bei einem Umzug. Ja super, ich bekomme einen Transporter/Lkw ohne Fahrer und 3MM Kaution? Ja, sieh zu wie du die selbst beschaffst. Was ist das für Hilfe?
Die Devise ist: Such dir einen Job oder Ausbildung. Wie du dort hin kommst? Ja, nicht unser Problem. Was ist das für eine Logik? Man wird förmlich dazugetrieben weiterhin arbeitslos zu bleiben. Gezwungen unnütze Maßnahmen mitzumachen, die einem doch nichts bringen außer einem Zeitvertreib. Bei der Arbeit langeweile ich momentan nur, das kann ich auch zu Hause.

Manche, die das lesen, denken wahrscheinlich, dass ich nicht rumheulen soll. Wer arbeiten will, findet Arbeit. Richtig, ich würde Arbeit finden, diese auch annehmen, wenn ich denn hinkommen würde. Ich will keinen 400€ Job, der mir nichts bringt. Ich will vom Jobcenter weg sein, nicht für 400 Euro arbeiten gehen und am Ende bleiben mir nach Abzug meiner Kosten vielleicht 50€. Das kann es nicht sein. Das ist nur verbunden mit Stress. Ich will wieder einen beruflichen Sinn im Leben haben und nicht nur vor mich hinvegetieren, meine Depressionen füttern und mich langsam aber sicher, von einem normalen Leben verabschieden. Doch wie den Kreis durchbrechen? Keiner, der diese Situation nicht durchgemacht hat, kann sich vorstellen wie sich sowas anfühlt. Die Arbeitslosig- und Perspektivlosigkeit frisst sich tief in die Seele, wühlt und wächst. Sie bestimmt den Alltag. Man verliert den Mut, die Motivation und den Elan auch nur in irgendeinerweise zu kämpfen, denn alles geleistete wird sowieso wieder vom Jobcenter zerschlagen. Ich will nicht wissen, wie viele durch dieses Leben schon abgerutscht sind, sich vielleicht sogar das Leben genommen haben. Verstehen kann ich es aber sehr gut. Wahrscheinlich muss man das ganze Arbeitslosengeld sparen, dadurch hungern, damit man endlich vorwärts kommt - sich einen Führerschein oder einen Umzug finanzieren.

Da frage ich doch unsere liebe Regierung: Was wollt ihr daran ändern? Das Wohlstandsdeutschland ist mittlerweile eine Zwei-Klassen-Gesellschaft - Die Reichen und die Armen. Ich verstehe auch nicht, warum so viele Ausländer immer noch einwandern. So toll ist das Leben hier nicht - obwohl ich bekomme alles vom Staat und kann sonst chillen. Wenn ich es mir recht überlege - kommt her. Hier lebt es sich wie im Paradies. Doch es wird nur weggeschaut. Man kann sich ja selbst auf seine 5-6 stellige Pension freuen, die man pro Monat bekommt während junge Leute weiter abrutschen und in leere Kühlschränke sehen. Ich wünsche mir wirklich mehr Unterstützung für junge Leute, natürlich auch für ältere aber gerade in jungen Jahren, kann man noch so viel machen. Man sollte nicht alle über einen Kamm scheren. Viele wollen nicht arbeiten aber warum? Dort müssen Therapeuten angesetzt werden. Diejenigen, die arbeiten wollen aber von Haus aus keine Mittel haben und/oder auch Fehler gemacht haben, sollen nicht verstoßen sondern an die Hand genommen werden, damit wenigstens aus ihnen noch etwas wird. Ansonsten prophezeihe ich, dass wir nur noch Hartz4 Generationen heranzüchten. Warum soll mein Kind sich anstrengen, wenn Mama und Papa doch auch ohne Arbeit super klarkommen? Klar, das ist der Härtefall und doch auch, wenn das Kind stark ist und sagt, es möchte etwas aus seinem Leben machen und daran arbeitet, scheitern extrem viele. Ich könnte da bei mir beginnen aber ein wenig Privatsphäre sei auch mir gegönnt. Denn ich kann euch sagen, selbst mit Fachabi und Erfahrung in der Arbeitswelt fühlt man sich oft minderwertig und bekommt sie oft genug aufgetischt.
Ich würde mir wirklich wünschen, dass die Ämter endlich wach werden und etwas gegen diesen Kurs der Hartz4-Generationen unternimmt. Ich wünsche mir endlich Hilfe und Unterstützung, damit ich nicht für immer ein 'minderwertiger Schmarotzer' bin. Das wünsche ich mir für meinen Mann und mich, denn ich weiß, dass ihn seine Arbeitslosigkeit extrem belastet. Er ist ein Macher und will endlich wieder malochen. Ich wünschte, ich könnte ihm diesen Wunsch erfüllen.

Wer ähnliches erfahren hat und sich austauschen möchte, kann das gerne tun.
Und sorry wegen dem Roman :D

Stay Rock

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